Die Goldhändlerin by Iny Lorentz

Die Goldhändlerin by Iny Lorentz

Autor:Iny Lorentz [Lorentz, Iny]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2011-12-07T23:00:00+00:00


7.

Als Orlando am nächsten Morgen erwachte, stand die Sonne schon so hoch über dem Horizont, dass ihre Strahlen auf die gegenüberliegende Hauswand fielen. Seine Verletzung gestattete ihm immer noch keine schnellen Bewegungen und so benötigte er mehr Zeit als gewohnt, bis er sich gewaschen und angezogen hatte. Dennoch war er vor Lea in der Gaststube, und als sie erschien, trank er bereits sein Morgenbier. Sie wirkte übernächtigt, und ihre Lippen waren zu schmalen Strichen zusammengepresst.

Orlando winkte ihr fröhlich. »Einen schönen Guten Morgen, mein lieber Samuel.«

»Guten Morgen«, kam es mürrisch zurück. Orlando hob scheinbar verwundert den Kopf. »Welche Riesenlaus ist denn dir über die Leber gelaufen, mein beschnittener Freund?«

Bis jetzt hatte Lea immer gereizt reagiert, wenn er sie so genannt hatte. Heute zuckte sie jedoch nur mit den Schultern. »Warum sollte mir etwas über die Leber gelaufen sein? Ich habe mich nur entschlossen, nicht nach Worms weiterzureisen, sondern nach Hause zurückzukehren. Also werden sich unsere Wege hier trennen müssen.«

Orlando musste sich ein wissendes Lächeln verkneifen. »Aber warum? Du hast mir doch selbst erklärt, dass du dort Gold umtauschen und einige Geschäfte mit Zofar ben Naftali und seinen Freunden aushandeln wolltest.«

Er las Lea vom Gesicht ab, dass der Verlust des Goldes ihr diese Pläne vereitelt hatte und sie sich wie ein verwundetes Tier in die trügerische Sicherheit ihres Heims zurückziehen wollte. Wenn sie jetzt den Mund auftat und sich wenigstens in dieser Sache ihm anvertraute, würde er ihr das Gold zurückgeben und ihr sagen, dass sie den Erpresser nicht mehr fürchten musste. Doch ihr abweisender Gesichtsausdruck machte ihm klar, dass er zu viel von ihr erwartete.

»Ein Traum hat mich davor gewarnt, weiterzureisen. Deshalb habe ich mich heute Morgen zur Umkehr entschieden«, behauptete Lea, ohne rot zu werden, und forderte im gleichen Atemzug den Wirt auf, ihr Brot und Milch zu bringen. Der Mann verzog angewidert das Gesicht. »Was willst du denn mit Milch, Jude? Zu einem kräftigen Frühstück gehört Bier.«

»Und vielleicht auch noch ein Schweinebraten?«, fragte Lea bissig. »Bringe mir, was ich verlangt habe, und kümmere dich um deine eigenen Angelegenheiten.«

Orlando machte ein tadelndes Geräusch mit der Zunge. »Aber Samuel! Du beleidigst den guten Mann, denn er ist zu Recht stolz auf sein Bier. Auf dieser Reise habe ich noch kein besseres getrunken.«

Lea rümpfte die Nase. »Bei all dem Bier, welches Ihr in Euch hineinschüttet, bezweifle ich, dass Ihr den Unterschied noch erkennen könnt.«

Sie scheuchte den Wirt mit einer Handbewegung in die Küche und setzte sich zu Orlando an den Tisch, der ihr seinen Bierkrug entgegenstreckte.

»Hier trink, das kräftigt und vertreibt die Sorgen.«

»Wie kommt Ihr darauf, dass ich Sorgen hätte?«

Orlando hob die Handflächen zum Himmel und lächelte sanft.

»Jeder Mensch hat irgendwann Sorgen, und du siehst mir so aus, als hättest du sie heute.«

»Wenn ich es genau betrachte, ist heute eher ein Freudentag für mich, denn ich werde Euch endlich los.« Leas Stimme klang herb, doch es schwang ein so erleichterter Unterton darin, dass Orlando sie konsterniert musterte.

»Das meinst du doch nicht im Ernst, mein lieber beschn… Freund Samuel.«

»Ja, sagt es doch frei heraus.



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